Kim Sou-Bong – Der europäische Hapkido Vater

Kim Sou-Bong – Der europäische Hapkido Vater

Reinhard Kraski

Kim Sou-Bong, der erste Hapkidolehrer, der in Deutschland lebte und Hapkido auch als erster im europäischen Umland bekannt machte.

Als Neunjähriger entschied sich der kleine Kim, boxen zu lernen, was ihm aber von seiner Mutter untersagt wurde. Ihrer Meinung nach bestand eine zu hohe Verletzungsgefahr in diesem Sport. So entschied sich Kim, andere Sportarten wie Schwimmen, Bergsteigen, Rugby, Turnen und Chi-Lum auszuüben. So verfügte er schon früh über eine variantenreiche Sporterfahrung. Mit 15 Jahren erlernte er die Budo-Sportart TANG-SOU-DO und bereits zwei Jahre später legte er den 1. Dan hierin ab.
Durch seinen Freund Choi lernte er zum ersten Mal als 17 Jähriger HAP-KI-DO kennen. Der systematische Aufbau der einzelnen Techniken dieser praxisnahen Selbstverteidigung faszinierte ihn derart, dass ein intensives, zweimaliges Training seinen Tagesablauf stark beeinflusste. Für ihn stand zu jenem Zeitpunkt fest, dass HAP-KI-DO einen großen Platz und Stellenwert in seinem Leben einnehmen wird.
Trainer von Choi und Herrn Kim waren Meister Ji Han Jae und Großmeister Choi Yong Sul. Mit 18 Jahren legte Herr Kim die Prüfung zum 1. Dan ab. (In Korea gab es damals nur zwei verschiedenfarbige Kupgrade: weiß und rot). Bis zum 3. Dan war Herr Kim als Trainerassistent von Meister Ji tätig. Mit 25 Jahren bestand er erfolgreich die Prüfung zum 4. Dan.

Da sich die politische Lage in Korea stark veränderte und seine Eltern (seine Mutter eine bekannte Oppositionspolitikerin und sein Vater ein Chefredakteur einer Tageszeitung) unter polizeilicher Überwachung standen, kamen Herrn Kim die ersten Ausreisegedanken. Sie verwirklichten sich, indem er eine Einladung seines bereits in Amerika lebenden Freundes Choi annahm. Über kurze Aufenthalte in Taiwan und Hongkong reiste er zum ersten Mal nach Amerika, Hier war HAP-KI-DO neben anderen Kampfsportarten sehr populär.

Als „Offiziell Beauftragter für HAP-KI-DO“ wurde Herr Kim nach Deutschland entsandt, um diese Sportart zu unterrichten und zu verbreiten. Dieses Land war für ihn gar nicht so unbekannt, weil er sich während seines Studiums der Journalistik in Korea sehr für deutsche Kulturgeschichte interessierte.

Um nach Deutschland einreisen zu dürfen nutzte Herr Kim die Gelegenheit, dass zu diesem Zeitpunkt viele Gastarbeiter in Deutschland gesucht wurden. Als Bergarbeiter durfte er nach Deutschland einreisen.
So kam 1965 Herr Kim mit einer Handvoll koreanischer Männer ins Ruhrgebiet. Unter ihnen befanden sich auch einige, die in Korea Kampfsport wie Hapkido und Taekyon gelernt hatten und deren Bestreben es war, ihr Training hier weiterzuführen. Dies fand zu Beginn im Kreise ihrer Landsleute im Keller ihrer Unterkunft statt. Von diesen Übungsstunden erfuhren in Gesprächen auch einige deutsche Bergleute, die im Oberadener Sportverein Judo betrieben, die derzeit einzige verbreitete Kampfkunst.

Diese deutschen Sportler, unter ihnen auch Klaus Stöckner, Judodanträger, Klaus Steubel und Karl-Heinz Kickuth begannen jetzt, bei Kim Sou-Bong Unterricht zu nehmen, anfangs in deren Unterkunft, später in einem Saal, da sich die Gruppe kontinuierlich vergrößerte. Bedingt durch die Sprachbarrieren und Mentalitätsunterschiede kehrte Herr Kim ein wenig enttäuscht nach einjährigem Aufenthalt nach Amerika zurück. Er folgte einer Einladung der „American Association of HAP-KI-DO“, welche auch Finanzierung und Bürgschaft übernahm. 1966 nahm er in Las Vegas an der Veranstaltung von Chuck Noris „Karate Black Belt Championchip“ teil, wobei er u.a. viele weltbekannte Meister Kennenlernte.
Ein halbes Jahr trainierte und Unterrichtete Herr Kim zusammen mit seinem freund Choi in Los Angeles. Um die Freundschaft aus Konkurrenzgründen nicht zu gefährden, kehrte Herr Kim über Paris 1968 nach Deutschland zurück.

Durch die Unterstützung der Judosportler, insbesondere von Anton Greven und Klaus Stöckner, gelang es, in verschiedenen Judovereinen Hapkidolehrgänge durchzuführen. Klaus Stöckner war der erste Deutsche, der 1968 bei Kim Sou-Bong die Prüfung zum ersten Dan bestand.
Als 5. Dan unterrichtete er zusammen mit Manfred Kraft im Sportcenter Nippon in Mühlheim/Ruhr. Noch im gleichen Jahr gründete Herr Kim die erste HAP-KI-DO-Sportschule in Mühlheim/Ruhr, Heisenstr 63. Als Trainingsstätte diente ein 25qm großer Raum. Hier begann die selbstständige Karriere von Herrn Kim als HAP-KI-DO-Großmeister in Deutschland und Europa. Bereits ein Jahr später wurde das „DEUTSCHE-HAP-KI-DO-DAN-KOLLEGIUM“ unter seinem Vorsitz (zweiter Vorsitzende Sigmund Lindener) ins Leben gerufen. 1970 wurde in Essen eine weitere HAP-KI-DO-Schule gegründet, an welcher fast ausschließlich Polizei- und Kriminalbeamte trainiert wurden. Zusammen mit Herrn Wolfgang Kruse unterrichtete Herr Kim auch in der Duisburger Polizeikaserne HAP-KI-DO als praxisnahe Selbstverteidigung.

Der „Deutsche Judobund“ unterstützte 1973 HAP-KI-DO-Lehrgänge von Großmeister Kim Sou-Bong, 6. Dan, in den Landesweiten Judoschulen. Durch Vermittlung des bekannten Dortmunder Judopioniers Anton Greven der an Lehrgängen von Meister Kim teilnahm wurde im Nordrhein Westfälischen Judo Verband eine Sektion Hapkido gegründet, in der Herr Kim zum Landestrainer ernannt wurde. In dieser Funktion hielt er zahlreiche Lehrgänge ab und verbreitete Hapkido vor allen Dingen im Raum Dortmund und Bochum.. Da aber zu dieser Zeit der NWJV ein reiner Amateurverband war, hatte die Verbandsführung Probleme mit der gleichzeitigen Funktion Kims als Landestrainer und Besitzer einer kommerziellen Schule. Deshalb kam es 1973 zur Trennung.
Bereits 1972 fand in Österreich ein Sommerlehrgang des JIU JITSU-Verbandes Österreich statt. Hierzu waren viele Teilnehmer aus allen Kampfkunstsparten geladen. Dort stellte Kim Sou-Bong Hapkido vor. Anschließend fanden in Graz Wochenendlehrgänge statt. Im Dezember 1973 wurde Hapkido offiziell statt JIU JITSU im damaligen AiDoKan-Verein eingeführt. Das Training fand in einem Kellerraum in der Kernstockgasse statt. Hier konnte man täglich trainieren und selbst an den Wochenenden fanden sich begeisterte Anhänger zum freiwilligen Training. Bereits im Mai 1974 wurde die erste Gürtelprüfung in Graz abgenommen. Die Prüfungen wurden alle von Kim Sou Bong, der in Düsseldorf lehrte, durchgeführt und der seinen Aufenthalt in Graz mit Lehrgängen für die Schüler verband. Zur Ergänzung reisten einige von ihnen für mehrere Wochen im Jahr nach Mühlheim a.d. Ruhr und später nach Düsseldorf, um dort an Ort und Stelle zu lernen. Neben den normalen Trainingseinheiten kamen viele Wochenendlehrgänge dazu, die den Lernprozess beschleunigten.

Meister Kim hielt in diesen Jahren auch die ersten Hapkidolehrgänge in den Benelux Ländern ab und machte diese Kunst dort auch bekannt. Als sein Hauptverdienst für Hapkido gelten eine Basislehrmethode und eine Systematisierung der Vielzahl von Techniken. 1976 schrieb er auch das erste deutsche Hap Ki Do Buch (Kim Sou Bong: Hap Ki Do – Grundlagen und Techniken der koreanischen Selbstverteidigung. Falken-Verlag. Völlig überarbeitete Neuauflage: Hap-Ki-Do – Koreanische Selbstverteidigung nach dem Lehrsystem des Großmeisters. Falken-Verlag, 1994.)

1976 Gründete Herr Kim seine Sportschule in der Graf-Adolf-Str. 45.
In den 80er Jahren entwickelte er sein System weiter und baute ein verbessertes Lehrsystem aufgrund seiner meisterlichen Weiterentwicklung und Erfahrung mit seinen Schülern auf. Hier hat er viele Schüler und Trainerassistenten ausgebildet. Insbesondere hat Meister Ralf Thelen viele Gruppen geleitet. Zu dieser Zeit fanden alle zwei Jahre Internationale Festivals in Düsseldorf statt zu denen alle seine Schüler geladen waren.

Anfang der 90er Jahre gründete er das Europäische Hapkido-Bildungszentrum in der Hatzfeldstr. 16a in dem er vordergründig Schüler in Hapkido nach seinem neu entwickeltem TMR-Lehrsystem ausbildete. Dieses neue Lehrsystem basiert nicht auf dem systematischem Aufbau der technischen Abfolge sondern ist ein Instruktionsfundament das dem Schüler die Möglichkeit gibt selbstständig mittels TMR-Übungselemente seine Persönlichkeit aufzubauen und seine Persönlichkeitsschwächen und -stärken selbst zu erkennen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Interessengemeinschaft für das TMR Lehrsystem gegründet deren Vorsitz Herr Reinhard Kraski und Frau Natali Jukic inne hatten. Unter deren Führung wurden in Zusammenarbeit mit Meister Kim in Antenne Düsseldorf mehrere Sendung im Bürgerfunk ausgestrahlt. In diesem Jahrzehnt veröffentlichte Meister Kim sein TMR Lehrsystem (Patent anerkannt 1994). Sein TMR-Heilsystem patentierte er 1995. Dieses Heilsystem veröffentlichte er in Straussberg, Erfurt/Thüringen wo er auch Zweigstellen gründete und bei der Barmerersatzkasse Bonn sowie bei der AOK. In Holland wurde das TMR Lehrsystem durch den Verein Sulla in Leitschendam verbreitet. Ebenso hat er eine Stiftung in Den Haag (Holland) gegründet. In diesem Jahrzehnt hat er viele Übungsleiter in seinem Bildungszentrum ausgebildet.
Bis 2010 betrieb Großmeister Kim Sou Bong sehr erfolgreich ein Bildungszentrum in Düsseldorf Flingern in dem er vordergründig Übungsleiter/Instruktor und Lehrmeister ausbildete. Er ist Begründer des internationalen Hapkido-Dankollegiums und der europäischen Hapkido-Verbände. Sein System des Hapkido ist das Ergebnis seiner vielen unterschiedlichsten Erfahrungen, Experimente, Studiums und Erlebnisse.
Am 04.08.2011 verstarb Meister Kim Sou-Bong unerwartet im Alter von 73 Jahren. Er bleibt uns für immer unvergessen.

Text in absprache mit Großmeister Kim Sou-Bong von Reinhard Kraski und Dieter Müller. Düsseldorf 2009

Sportlicher Werdegang
Kim Sou-Bong geboren 1937 in Hamkyungnamdo/Korea

1955 Kapkido-Meister, Hapkido Korean Ass.
1964 Hapkido Beauftragter in West-Germany
1966 Teilnahme an Karate Black Belt Turnament/USA
1968 Gründung einer Sportschule in Mülheim an der Ruhr
1969 1. Vorsitzender (gewählt) beim Deutschen Hapkido Dan Kollegium e.V.
1972 Landestrainer und Sachbearbeiter in NRW
1973 Polizeiausbilder in der Polizeikaserne Duisburg
1973 Einzugslehrgang Ju Jitsu Verband Österreich
1974 Sportlehrer beim Sportamt Essen (Titel_ Jedermannsport)
1975 1. Österreichischer Hapkido- Verein in Graz
1976 Sportlehrer der Realschule für Mädchen in Essen
1976 1.Hapkido Buch (deutschsprachig) verfasst
1976 Gründung der ersten Hapkido Schule in Düsseldorf
1979 Gründung des Internationalen Hapkido Dan Kollegiums. Gründungsländer: Holland, Deutschland Österreich, Italien, Türkei, Jugoslawien, Marokko, Frankreich
1981 Systemgründung, Lehrsystem Kim Sou-Bong
1983 Veranstaltungsleitung des Internationalen Hapkido Festivals
1984 Ernennung zum 8.Dangrad
1985 Gründung der Holländischen Hapkido Vereinigung, System Kim Sou Bong
1986 Gründung des Österreichischen Hapkido Dachverbandes, System Kim Sou Bong
1987 Gründung des Österreichischen Hapkido Fachverbandes, System Kim Sou Bong
1988 Schiedsrichter der Karate-WM in Österreich
1989 Gründung des zweiten Österreichischen Hapkido Fachverbandes, System Kim Sou Bong
1989 Aufnahme des Hapkido System Kim Sou Bong in der Sportgemeinschaft des Deutschen Bundestages
1989 Zweites Hapkido Buch „Lehrsystem des Großmeisters Kim Sou Bong“, verfasst
1990 Teilnahme des Hapkido Lehrsystems Kim Sou Bong am Jahresfest des Bundes-Presseamtes, Bonn
1990 Gründung des Europäischen Hapkido Bildungszentrums
1991 Beginn der ersten TMR Übungsleiter Ausbildung
1993 Patentanmeldung des TMR Lehrsystems und des TMR Heilsystems
1994 Eintrag des TMR Lehrsystems im Patentamt
1994 Gründung des TMR Heiltrainerverbandes
1995 Gründung der TMR Stiftung in Den Haag / Holland
1996 Vorstellung des TMR Lehrsystems in Erfurt
1996 Vorstellung des TMR Heiltrainerverbands in Strausberg
1996 Hapkido TMR Lehrsystem Kurse in der VHS Hilden
1997 Vorstellung des TMR Heilsystems bei der Barmerersatzkasse und AOK
2002-05 Schiedsrichter bei TKD Meisterschaften
2006 Umzug des Bildungszentrums nach Düsseldorf Flingern
2011 am 04 August nach langer Krankheit verstorben.